Anna Katharina Riedl, BSc

Zurechnungsfähigkeit im Strafrecht

Die Zurechnungsfähigkeit beschreibt die Fähigkeit einer Person, das Unrecht ihrer Tat zu erkennen und ihr Handeln danach auszurichten. Die Beurteilung nimmt dahingehend eine zentrale Rolle ein, da sie die strafrechtliche Verantwortlichkeit eines Individuums für seine Taten determiniert.

„Wer zur Zeit der Tat wegen einer Geisteskrankheit, wegen einer geistigen Behinderung, wegen einer tiefgreifenden Bewusstseinsstörung oder wegen einer anderen schweren, einem dieser Zustände gleichwertigen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht seiner Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, handelt nicht schuldhaft“ heißt es in § 11 StGB.

Wie kann die Zurechnungsfähigkeit beurteilt werden?

Die Beurteilung der Zurechnungsfähigkeit einer Person erfolgt in der Regel durch das Gericht im Rahmen eines Strafverfahrens. Dabei stützt sich das Gericht auf verschiedene Beweismittel, insbesondere:

  • Sachverständigengutachten: Ein Sachverständigengutachten eines Psychiaters oder Psychologen ist in der Regel das wichtigste Beweismittel. Der Sachverständige beurteilt die psychische Gesundheit des Angeklagten zum Tatzeitpunkt und erstellt ein Gutachten darüber, ob die Voraussetzungen des § 11 StGB erfüllt sind.
  • Aussagen von Zeugen und Angehörigen: Zeugen und Angehörige des Angeklagten können Auskunft über dessen psychischen Zustand und sein Verhalten vor, während und nach der Tat geben.
  • Eigene Angaben des Angeklagten: Die Angaben des Angeklagten selbst können ebenfalls zur Beurteilung seiner Zurechnungsfähigkeit herangezogen werden.
  • Medizinische Unterlagen: Relevante medizinische Unterlagen, wie z.B. Arztberichte oder Befunde, können ebenfalls wichtige Hinweise liefern.

Welche Kriterien spielen in der Beurteilung eine Rolle?

Bei der Beurteilung der Zurechnungsfähigkeit nimmt das Gericht eine Gesamtwürdigung aller relevanten Umstände vor. Dabei werden insbesondere folgende Kriterien berücksichtigt:

  • Art und Schwere der psychischen Störung: Liegt eine Erkrankung oder Beeinträchtigung vor, die die Zurechnungsfähigkeit beeinflussen könnte?
  • Auswirkungen der Störung auf die Tatzeit: War der Täter zum Zeitpunkt der Tat in der Lage, das Unrecht seiner Tat zu erkennen und sein Handeln danach auszurichten?
  • Beeinflussung durch Medikamente oder Drogen: Stand der Täter unter dem Einfluss von Substanzen, die seine Wahrnehmung oder sein Urteilsvermögen beeinträchtigt haben könnten?
  • Entwicklungsverlauf der Störung: Hat sich die psychische Störung des Angeklagten im Laufe der Zeit verändert und wie hat sich dies auf seine Zurechnungsfähigkeit ausgewirkt?
  • Prognose: Wie sieht die Prognose für die psychische Gesundheit des Angeklagten aus?

Wie äußert sich eine Zurechnungsunfähigkeit in der Unterbringung?

Wenn aufgrund einer psychischen Störung eine Straftat begangen wird, die mit mehr als einem Jahr Freiheitsstrafe bedroht ist, kann eine Unterbringung laut § 21 StGB (1) erfolgen. Dabei handelt es sich um die Unterbringung in einem forensisch-therapeutischen Zentrum (FTZ). Das Ziel einer solchen Unterbringung ist die Gefahrenabnahme durch therapeutische Behandlung. Darüber hinaus unterstützt ein FTZ bei der Wiedereingliederung in die Gesellschaft und reduziert die Wahrscheinlichkeit einer erneuten Kriminalisierung. Die Dauer der Unterbringung ist dabei variabel; sie ist befristet und wird regemäßig gerichtlich überprüft.
Die Unterbringung kann nur dann beendet werden, wenn die Annahme besteht, dass von der Person keine strafrechtliche Gefahr mehr ausgeht.

 

Quellen:

Kienapfel/Höpfel/Kert, Strafrecht Allgemeiner Teil, 14. Auflage (2012).

Stompe/Schanda, Der österreichische Maßnahmenvollzug nach § 21 Abs. 1 StGB, Journal für Neurologie, Neurochirurgie und Psychiatrie (2010).

 

Anna Katharina Riedl, BSc

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